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Der vertikale und horizontale Blick nach Osten
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2009, 2
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Der vertikale und horizontale Blick nach Osten

Zeitschrift Umělec 2009/2

01.02.2009

Milena Dimitrova | kunstgeschichte | en cs de

Über das Seminar Writing Central European Art History ist im Anschluss eine Diskussion der Klasse für Post-Konzeptuelle Kunst an der Akademie der bildenden Künste Wien zu lesen, die Gastgeberin des Seminars war und einen kritischen Blick auf dessen Kontext wirft. Aber abgesehen von dessen soziopolitischer Eingebundenheit war nicht zuletzt das Seminar an sich interessant.
Es ging um Themen, die in den letzten 20 Jahren die mittel- und osteuropäische Kunstgeschichte beschäftigten, um Moderne wie zeitgenössische Kunst und um die methodischen Probleme im Zusammenhang mit der Moderne.
Die Vorlesungen zu den zeitgenössischen Themen hatten einen kritischen Zugang, interessante Ergebnisse und keine methodischen Schwierigkeiten.
Edit András´ Vorlesung „An Agent that is still at Work“ ist eine Untersuchung einer Art ungelungener Vergangenheitsbewältigung postsozialistischer Kunst.
Die Vorlesung betrachtet, ob und wie die zeitgenössische osteuropäische Kunst, die sozialistische Vergangenheit verdrängend, nun auf eine neue Art Ideologien bedient.
Der Vortrag arbeitet mit den Werkzeugen der Psychoanalyse, geht von Begriffen wie Trauma, Verdrängung und dem Vergessen aus und berührt Kiossevs Theorie der Selbstkolonialisierung.
Bei Ljiljana Blagojević und ihrer Vorlesung zur Stadtplanung am Beispiel von Novi Beograd ist diese Thematik des Vergessens im Begriff der tabula rasa enthalten, der ihren Vortrag durchzieht. Ihr Exempel sind Leerräume Novi Beograds und die unterschiedlichen Inhalte und Funktionen, die ihnen im Laufe ihrer Geschichte zugeschrieben wurden.
Die Vorlesungen, bei denen es um die Moderne Osteuropas ging, konzentrierten sich dagegen auffällig stark auf methodische Schwierigkeiten, wie zum Beispiel der Frage, wie über Kunst „außerhalb des Kanons“ zu schreiben sei. Außer Acht lassend, dass beispielsweise kubistische Werke aus Osteuropa zwar die (nicht unabänderlich) weniger bekannten Werke des Kubismus sind, Kubismus aber einen grundlegenden Teil des kunsthistorischen Kanons ausmacht.
Die Beschäftigung mit der osteuropäischen Moderne, so scheint es, führt zwangsläufig zu einer Interpretation anhand der Begriffe Zentrum und Peripherie künstlerischer Produktion.
Piotr Piotrowskis Beitrag „On the Spatial Turn, or Horizontal Art History“ widmet sich gänzlich methodischen Fragen osteuropäischer Kunstgeschichte und gab den Vorlesungen zur Moderne einen theoretischen Rahmen.
Die Theorie osteuropäischer Kunstgeschichtsschreibung konzentriert sich nicht auf Kunstgeschichte im engeren Sinn mehr, sondern es wird eine Art Kulturgeschichte bevorzugt, manchmal auch die postkoloniale Kritik bemüht. Dieser kritische Zugang kann jedoch, anders als bei den zeitgenössischen Themen, schwer oder gar nicht anhand der Werke aufgezeigt werden.
Der Beitrag stellt den Begriff und das Ideal einer horizontalen Kunstgeschichtsschreibung einer vertikalen, hegemonialen Kunstgeschichtsschreibung gegenüber.
Aber gleichzeitig wird konstatiert, dass das Zentrum-Peripherie-Paradigma als Interpretationsmodell ein Modell ist, welches in diesem speziellen Fall nicht zu überwinden ist:
„Thus, when we ask about „world art history“, we must repeat a question posed quite recently by Suzana Milevska: can such art history exist at all outside the aforementioned geographical dichotomies? It certainly cannot.“ (Abdruck der Vorlesung in der Zeitschrift Umění 5/2008)
Ich habe mich gefragt, ob eine Bewegung von einem Zentrum in eine Peripherie oder umgekehrt anders als horizontal sein kann, versucht man es sich bildlich vorzustellen. Jedenfalls sah es nach diesem Seminar aus, als wäre es notwendig, sich von all diesen Fragen ab- und wieder einem anderen Raum – dem künstlerischen Raum – zuzuwenden.




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