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Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2009, 2
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Umělec in Österreich

Zeitschrift Umělec 2009/2

01.02.2009

Milena Dimitrova | editorial | en cs de

Der Zufall hat mich in die Redaktion dieser Zeitschrift geführt, und dann sah Umelec darin, dass ich in jener Kleinstadt Österreichs aufgewachsen bin, die vor langer Zeit aufgrund eines hohen Kirchturms und danach wegen eines bestimmten Herrn Schicklgruber bekannt geworden ist, eine gewisse Linie der Vorliebe für schräge Tatsachen gewahrt. Also haben mich die Umelec-Redakteure allen Widerständen zum Trotz gezwungen, an vorliegender Ausgabe zu arbeiten.
Die Idee zu dem Österreich-Heft selbst ist aufgekommen, weil Tschechien Österreich immer noch die k. und k. Monarchie und die Tatsache, dass man sie hierzulande gemeinhin für ein Musterbeispiel der friedlichen Völkergemeinschaft hält, nicht vergessen kann.
Und weil unser Herausgeber, als typischer Tscheche (mit Hang zum Märtyrertum), im heutigen Österreich immer noch die alte Monarchie sieht – man denke an die wirtschaftlichen Ostbeziehungen Österreichs, hat er einen Gegen-Eroberungszug auf die österreichische junge und zeitgenössische Kunst ins Leben gerufen: die Österreich-Ausgabe.
Es ist ganz natürlich, dass Umelec an Österreich interessiert ist: mal der Region Ostmitteleuropa zugeordnet, mal davon ausgenommen, ein Land, wo immer wieder Metternichs Satz, der Balkan beginne am Wiener Rennweg, von offizieller und korporativer Seite (und in den Katalogen der „Balkan-Kunst“-Ausstellungen) zitiert wird, und wo Einigkeit über dessen Bedeutung (geographisch und darüber hinaus) als einem Mittler zwischen Ost und West herrscht.
Umso interessanter ist der Artikel Herwig Höllers, der sich der (Vor-) Geschichte der Österreichisch-Balkanischen Freundschaften annimmt.
Glücklicherweise gibt es die Karikaturen von Zampa di Leone – dem vermeintlich anonymen serbischen Künstler, den scheinbar alle aus der Belgrader Szene kennen, dessen Identität jedoch keiner verrät – die dazu zwingen, bei der Beschäftigung mit den post-1989-Ost-West-Beziehungen eine gewisse ironische Distanz zu wahren, aus der die Dinge (anders als Zampa selbst) sichtbarer bleiben.
Von all dem abgesehen, haben uns natürlich die Themen interessiert, mit denen man sich innerhalb des Landes beschäftigt. Denn auch wenn der Balkan am Rennweg beginnt, im Österreich diesseits des Rennwegs spricht man über die Ökonomisierung des öffentlichen Raums, den städtischen Raum, den Kunstmarkt und über alternative Kunstproduktion...
Angesichts des hohen Grades an „Diskursivität“, den die Themen hierzulande erreicht haben, drängt sich der Gedanke an jene Theorie auf, derzufolge, sobald sich etwas in der Krise befindet und (vermeintlich) am Verschwinden ist, von überall her Stimmen laut werden, die es rationalisieren und theoretisieren, oder einfach viel darüber sprechen.
Kulturpolitisches zu den Creative Industries und zum öffentlichen Raum gibt es in den Artikeln Monika Mokres und Elisabeth
Mayerhofers zu lesen. Und Raum und Zeit haben heutzutage etwas gemeinsam – die Ökonomie. Andreas Spiegls und Gerald Raunigs Artikel zur Zeitökonomie bilden beinahe ein Pendant zum Thema der Ökonomisierung des öffentlichen Raums. Der Impuls, uns für Texte mit der Zeit-Thematik zu interessieren, kam daher, dass in Tschechien hingegen gerade die Zeit so vieldiskutiert ist.
Rapidité von Gerald Raunig gibt ein Bild des proto-postfordistischen Menschen, der sich ereifert, schneller, besser und produktiver zu sein und der nicht mehr in der eigentlichen Produktion (die sich heute wohl irgendwo in China lokalisieren lässt), sondern, sagen wir, kreativ tätig ist.
Und Time Out Cities von Andreas Spiegl spricht vom selben zeitgenössischen, städtischen Menschen, der in einer Dauer-Auszeit lebt und dem die Zeit durch die Dauer-Auszeit abhanden gekommen ist, bzw. sich transzendiert hat.
In den Zeit-Artikeln wird am deutlichsten, dass der Grat zwischen Selbstbestimmung (über die Zeit) und Ökonomisierung (der Zeit) ein schmaler sein kann.
Eine Sache, die auch für den öffentlichen Raum Geltung hat – den Beweis der Möglichkeit seiner Aneignung liefern etwa Leopold Kessler oder die Performancegruppe God's Entertainment mit ihrer „Passantenbeschimpfung“.
Und nicht zuletzt waren und sind es meist die im öffentlichen Raum tätigen Künstler, die sich im „Streit“ mit der FPÖ befanden oder befinden. Anlässlich des Rechtsrucks bei den Wahlen berichten wir auch über Kunstinitiativen, die schon im letzten Jahrzehnt auf die heimische Politik reagiert haben, wie Public Netbase und die Volxtheaterkarawane.
Mit anderen Worten, Umelec wollte sich den Konditionen des Objektes seines Interesses, Österreich, beugen und sich bei jenen Themen einhaken, die hier aktuell besonders diskutiert werden. Und sich in die Thematik „Standort Österreich“ und die letzten 20 Jahre begeben – nicht zu vergessen, dass auch in Wien im Herbst so einiges an Ausstellungen zum Thema 1989 und 20 Jahre Postsozialismus ansteht.
Selbstverständlich ist es nicht nur dabei geblieben. Während der Arbeit an dieser Ausgabe haben wir uns für Unterschiedlichstes in Österreich interessiert, sind vielem begegnet, wollten alles in der Ausgabe haben, haben die Linie der Zeitschrift insgesamt gedehnt und natürlich gibt es auch in dieser Sonderausgabe Platz für Unterhaltung. Hier könnte man nun mit einem weiteren Erzählstrang beginnen, aber Editorials sollten nicht all zu lang geraten...








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