Zeitschrift Umělec 2012/1 >> Zur Lage der Nation / Das letzte Wort Übersicht aller Ausgaben
Zur Lage der Nation / Das letzte Wort
Zeitschrift Umělec
Jahrgang 2012, 1
6,50 EUR
7 USD
Die Printausgabe schicken an:
Abo bestellen

Zur Lage der Nation / Das letzte Wort

Zeitschrift Umělec 2012/1

20.05.2013 14:53

Tony Ozuna | america | en cs de

Die Zensur lässt sich als etwas definieren, was überall in der Welt passiert, nur in den USA nicht. Jetzt müsste man also die seltsamen Phänomene erklären, denen der amerikanische Leser ab und zu begegnet. Wir werden mal die Europäer fragen, vielleicht erkennen sie in diesen etwas sehr Altes.

In der jüngsten Ausgabe des New Yorker (12. März, 2012) lässt der Kunstkritiker Peter Schjeldahl ein Thema wieder aufleben, das mich bei dieser „amerikanischen“ Ausgabe des Umělec durchweg quälte. Schjeldahl rezensiert die diesjährige Whitney Biennale, beginnt seinen Text jedoch bezugnehmend auf die – in den Augen der meisten New Yorker - offensichtlich „schlechteste Whitney Biennale aller Zeiten“.

Er behauptet, dass New Yorks höchstverehrte Biennale, die bereits im Jahre 1932 begann, mit der „berüchtigten, mit politischer Identität handelnden Whitney Biennale 1993, die – wenn ich es mir recht überlege – tatsächlich die schlechteste aller Zeiten sein könnte, ein denkwürdiges Zeichen in der Kunstszene hinterlassen hat. (Es wurden Buttons mit der Aufschrift ‚Ich kann mir nicht vorstellen, jemals den Wunsch zu verspüren, weiß sein zu wollen.‘ verteilt)“. Dann leitet Schjeldahl zur jüngsten Biennale über, von der er begeistert ist, sie als „entzückend“ beschreibt. „Die diesjährige Biennale entzückt – wenngleich manchmal auf finstere Art und Weise.“

Später weist er noch darauf hin, dass die diesjährige Biennale zufällig von derselben Frau (Elisabeth Sussmann) organisiert werde, „die übrigens auch den succes de scandale“ (den Skandalerfolg) von 1993 kuratierte. Zum Ende seiner Rezension räumt Schjeldahl ein, dass diese Biennale (2012) ohne weiteres als „die beste Whitney Biennale aller Zeiten“ bezeichnet werden könne. Mit anderen Worten: Elisabeth Sussmann ist endlich erwachsen geworden – und klüger. Niemand ist verwirrt oder fühlt sich möglicherweise angegriffen. Mission erfüllt.

Was mich an dieser Stelle jedoch am meisten beschäftigt, mich sogar enttäuscht, ist die Tatsache, dass der New Yorker nichts unversucht lässt, den Namen des Künstlers, der für die „skandalösen“ Buttons verantwortlich ist, zu verbergen. Den Namen des Künstlers absichtlich nicht zu nennen – und den Künstler damit, als wäre er/sie eine Persona non Grata, zu einem unsichtbaren No-Name zu machen, nicht würdig, (beim Namen) genannt zu werden – ist, um das Kunst-Establishment erneut zu rügen, armselig und geht unter die Gürtellinie.

Es geht hier nicht um Zensur, das würden die Amerikaner natürlich niemals tun. Im Gegenteil: sie überwachen Regimes, die Zensur ausüben, und machen ihre Ergebnisse global zugänglich. Aus purer Boshaftigkeit jedoch abgelehnt, ignoriert oder nicht beim Namen genannt zu werden, ist hinterhältig und beleidigend – und vielleicht genauso befriedigend wie die Freude, die Zensoren innerhalb ihrer kleinen Machtbereiche fühlen müssen.

Ich kenne den Künstler, dem Schjeldahl die namentliche Nennung verweigert, und ich kann sagen, dass die Arbeiten des 30jährigen Namenlosen alles andere als „entzückend“ sind. Rein gar nichts daran könnte als „entzückend“ beschrieben werden. Und das ist alles, was ich zu diesem Künstler noch sagen werde, denn meine bisherigen Versuche, seine Werke – zuerst durch ein Interview, dann mit einem Essay - für die amerikanische Ausgabe der Umělec zu beschreiben, stellten sich als inakzeptabel heraus.

Was mich betrifft, ist diese Ausgabe dem nicht genannten Künstler gewidmet – derjenige, der zwar nicht zugestochen hat, dessen Stich aber wohl der tiefste hätte sein können. Anstatt zu sagen, er sei „Amerikaner“, beschreibt er sich als einen „in Los Angeles lebenden Künstler, das scheint mir mehr als ausreichend.“

 

Aus dem Englischen von Lea Eismann.






20.05.2013 14:53

Kommentar

Der Artikel ist bisher nicht kommentiert worden

Neuen Kommentar einfügen

Empfohlene Artikel

Afrikanische Vampire im Zeitalter der Globalisierung Afrikanische Vampire im Zeitalter der Globalisierung
"In Kamerun wimmelt es von Gerüchten über Zombie-Arbeiter, die sich auf unsichtbaren Plantagen in obskurer Nachtschicht-Ökonomie plagen."
MIKROB MIKROB
There’s 130 kilos of fat, muscles, brain & raw power on the Serbian contemporary art scene, all molded together into a 175-cm tall, 44-year-old body. It’s owner is known by a countless number of different names, including Bamboo, Mexican, Groom, Big Pain in the Ass, but most of all he’s known as MICROBE!… Hero of the losers, fighter for the rights of the dispossessed, folk artist, entertainer…
Tunelling Culture II Tunelling Culture II
Ein Interview mit Mike Hollands Ein Interview mit Mike Hollands
„Man muss die Hand von jemandem dreimal schütteln und der Person dabei fest in die Augen sehen. So schafft man es, sich den Namen von jemandem mit Sicherheit zu merken. Ich hab’ mir auf diese Art die Namen von 5.000 Leuten im Horse Hospital gemerkt”, erzählte mir Jim Hollands. Hollands ist ein experimenteller Filmemacher, Musiker und Kurator. In seiner Kindheit litt er unter harten sozialen…
04.02.2020 10:17
Wohin weiter?
offside - vielseitig
S.d.Ch, Einzelgängertum und Randkultur  (Die Generation der 1970 Geborenen)
S.d.Ch, Einzelgängertum und Randkultur (Die Generation der 1970 Geborenen)
Josef Jindrák
Wer ist S.d.Ch? Eine Person mit vielen Interessen, aktiv in diversen Gebieten: In der Literatur, auf der Bühne, in der Musik und mit seinen Comics und Kollagen auch in der bildenden Kunst. In erster Linie aber Dichter und Dramatiker. Sein Charakter und seine Entschlossenheit machen ihn zum Einzelgänger. Sein Werk überschneidet sich nicht mit aktuellen Trends. Immer stellt er seine persönliche…
Weiterlesen …
offside - hanfverse
Die THC-Revue – Verschmähte Vergangenheit
Die THC-Revue – Verschmähte Vergangenheit
Ivan Mečl
Wir sind der fünfte Erdteil! Pítr Dragota und Viki Shock, Genialitätsfragmente (Fragmenty geniality), Mai/Juni 1997 Viki kam eigentlich vorbei, um mir Zeichnungen und Collagen zu zeigen. Nur so zur Ergänzung ließ er mich die im Samizdat (Selbstverlag) entstandene THC-Revue von Ende der Neunzigerjahre durchblättern. Als die mich begeisterte, erschrak er und sagte, dieses Schaffen sei ein…
Weiterlesen …
prize
To hen kai pán (Jindřich Chalupecký Prize Laureate 1998 Jiří Černický)
To hen kai pán (Jindřich Chalupecký Prize Laureate 1998 Jiří Černický)
Weiterlesen …
mütter
Wer hat Angst vorm Muttersein?
Wer hat Angst vorm Muttersein?
Zuzana Štefková
Die Vermehrung von Definitionen des Begriffes „Mutter“ stellt zugleich einen Ort wachsender Unterdrückung wie auch der potenziellen Befreiung dar.1 Carol Stabile Man schrieb das Jahr 2003, im dichten Gesträuch des Waldes bei Kladno (Mittelböhmen) stand am Wegesrand eine Frau im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft. Passanten konnten ein Aufblitzen ihres sich wölbenden Bauchs erblicken,…
Weiterlesen …
Bücher und Medien, die Sie interessieren könnten Zum e-shop
Back to Roots Issue
Mehr Informationen ...
6,50 EUR
7 USD
American Issue
Mehr Informationen ...
6,50 EUR
7 USD
Nevíte jak volit? Jste vyděšeni chmurnými průzkumy, ztraceni ve volebních slibech a zmateni mnohoznačnými analýzami expertů?...
Mehr Informationen ...
3,80 EUR
4 USD

Studio

Divus and its services

Studio Divus designs and develops your ideas for projects, presentations or entire PR packages using all sorts of visual means and media. We offer our clients complete solutions as well as all the individual steps along the way. In our work we bring together the most up-to-date and classic technologies, enabling us to produce a wide range of products. But we do more than just prints and digital projects, ad materials, posters, catalogues, books, the production of screen and space presentations in interiors or exteriors, digital work and image publication on the internet; we also produce digital films—including the editing, sound and 3-D effects—and we use this technology for web pages and for company presentations. We specialize in ...
 

Zitat des Tages Der Herausgeber haftet nicht für psychische und physische Zustände, die nach Lesen des Zitats auftreten können.

Die Begierde hält niemals ihre Versprechen.
KONTAKTE UND INFORMATIONEN FÜR DIE BESUCHER Kontakte Redaktion

DIVUS
NOVÁ PERLA
Kyjov 36-37, 407 47 Krásná Lípa
Čzech Republic


 

GALLERY
perla@divus.cz, +420 222 264 830, +420 606 606 425
open from Wednesday to Sunday between 10am to 6pm
and on appointment.

 

CAFÉ & BOOKSHOP
shop@divus.cz, +420 222 264 830, +420 606 606 425
open from Wednesday to Sunday between 10am to 10pm
and on appointment.

 

STUDO & PRINTING
studio@divus.cz, +420 222 264 830, +420 602 269 888
open from Monday to Friday between 10am to 6pm

 

DIVUS PUBLISHING
Ivan Mečl, ivan@divus.cz, +420 602 269 888

 

UMĚLEC MAGAZINE
Palo Fabuš, umelec@divus.cz

DIVUS LONDON
Arch 8, Resolution Way, Deptford
London SE8 4NT, United Kingdom

news@divus.org.uk, +44 (0) 7526 902 082

 

Open Wednesday to Saturday 12 – 6 pm.

 

DIVUS BERLIN
Potsdamer Str. 161, 10783 Berlin, Deutschland
berlin@divus.cz, +49 (0)151 2908 8150

 

Open Wednesday to Sunday between 1 pm and 7 pm

 

DIVUS WIEN
wien@divus.cz

DIVUS MEXICO CITY
mexico@divus.cz

DIVUS BARCELONA
barcelona@divus.cz
DIVUS MOSCOW & MINSK
alena@divus.cz

 

DIVUS NEWSPAPER IN DIE E-MAIL
Divus We Are Rising National Gallery For You! Go to Kyjov by Krásná Lípa no.37.